Warum ein hohes Sprechtempo auf Dauer anstrengend ist
Prof. Dr. Katrin Prüfig, 05.04.2018
Vor einigen Tagen erzählte mir ein Kunde in einem Training von einem TED Talk, den er sehr witzig fand. Das Thema war irgendetwas zum Thema Glück, und der Redner hatte einen originellen Einstieg gewählt, der von seiner Schwester, einem Sturz aus dem Bett und einem Einhorn handelte. Soviel war noch in Erinnerung geblieben.
TED Talk – falls Sie noch keinen angeschaut oder angeklickt haben – ist ein Vortragsformat, das international große Beachtung findet: Maximal 18 Minuten erhält jeder Redner, um sein Thema gut zu präsentieren. Die Bandbreite reicht von „Wie lerne ich Klavier zu spielen?“ über „Mein Leben nach dem Schlaganfall“ bis hin zu politischen und wissenschaftlichen Themen. Dieses Mal also: Shawn Achor – The happy secret to better work“. Alle TED Talks sind übrigens online verfügbar, erreichen ein Millionenpublikum und werden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Zu finden sind die TED-Talks unter https://www.ted.com/talks
Shawn Achor im TED-Talk
Keine Sprache der Welt allerdings hätte in diesem Fall geholfen. Nötig wäre eine Zeitlupenfunktion für die Tonspur. Der Psychologe Shawn Achor rast nämlich durch seinen Vortrag, als wäre er auf der Flucht. Er spricht derart schnell, dass selbst so manche Pointe im Wortschwall untergeht. Von dem eigentlichen Thema mal ganz abgesehen – dazu komme ich noch. Statt der üblichen 18 Minuten ist er in 12 Minuten und 20 Sekunden „durch“. Und das Publikum vermutlich auch. Kein Wunder, dass sich mein Trainingsteilnehmer nur an die Sache mit dem Einhorn erinnerte, das war der Einstieg in die Rede, da ging es auch mit dem Sprechtempo noch halbwegs.
Was passiert im Kopf des passiv Zuhörenden, wenn wir es mit einem Schnellsprecher zu tun haben? Wissenschaftliche Studien dazu sind mir nicht bekannt, aber ich frage das regelmäßig auch im Training. Antworten: Ich komme nicht mehr mit und schalte ab. Ich finde es anstrengend und checke dann meine Mails. Ich werde atemlos. Es stört mich sehr.
Und da sind wir bei einem wichtigen Punkt: In der passiven Zuhörer-Rolle wollen wir uns nicht anstrengend. Wir möchten etwas erfahren, aber wenn es nicht existenziell wichtig ist, wollen wir dafür unser Gehirn nicht unter voller Leistung arbeiten lassen. Unbewusste Prozesse finden da statt, die übrigens auch bei zu vielen Fach- und Fremdwörter einsetzen. Im Ergebnis geht das Publikum also in einen Vermeidungsmodus. Wie schade für so manches Thema!
Was kann man Schnellsprechern also raten? Der naheliegende Tipp „sprich langsamer“ wird sicher nicht reichen.
Shawn Achor hat übrigens folgende These vertreten: Es gibt viele Hindernisse auf dem Weg zum Glück. Wer immer nur in „Wenn….dann!“ denkt, wird es möglicherweise nie zu erreichen sein. Achor skizziert einen einfachen 21-Tage-Plan, in dem wir u.a. jeden Tag drei neue Dinge festhalten, die uns glücklich machen. Dadurch, so seine These, verschiebt sich die Wahrnehmung hin zum Positiven. Er hat durch bildgebende Verfahren nachgewiesen, dass uns dieses Vorgehen nicht nur fröhlicher, sondern auch leistungsfähiger macht. Das habe ich allerdings erst verstanden, als ich mir den Vortrag zum zweiten Mal und mit vielen Pausen angeschaut habe...
Hier finden Sie seinen TED Talk.
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