Selbstbewusstsein und positive Botschaften sind gute Voraussetzungen für gelungene Interviews.
Dass beides allein aber nicht reicht, zeigt das Interview von Daimler-Vorstand Ola Källenius im Wirtschaftsmagazin Capital.
Prof. Stefan Korol, 11.01.2018
Deutschland, 2018. Zu hohe Abgaswerte bei Dieselautos. Krankmachender Feinstaub in den Städten. Drohende Fahrverbote. Keine kaufbaren Elektro-Modelle. Zu viele Autos machen zu viele Probleme. Für Daimler-Vorstand Ola Källenius alles kein Thema: „Wir verkaufen so viele Dieselautos wie immer. Unsere Dieselmotoren sind emissionsarm. Wir brauchen Verbrenner noch viele Jahre.“
Sätze wie aus dem Daimler-Kundenmagazin. Die Nachfragen der Journalisten, mögliche Lösungen zu konkretisieren bleiben unbeantwortet: „Wandel passiert nicht schlagartig“; „Das Angebot an E-Autos aus Deutschland wird groß und gut sein.“ Klingt nach Sätzen aus einer Automesse-Rede. Aber ändert nichts an zu viel Staub und Abgasen in unseren Städten.
Källenius erweckt damit den Eindruck, dass sich um so profane Dinge doch bitte das Fußvolk kümmern möge – er bleibt lieber bei den großen Worten: „Wir sind einer der Pioniere der E-Technologie“. „Die neue Generation unserer Autos wird Fähigkeiten haben, die Sie vom Smartphone kennen.“ Was, bitteschön, dürfen wir uns denn darunter vorstellen?
Källenius scheint die Funktion eines Interviews nicht zu begreifen. Der Interviewpartner muss Experte sein, Lösungen haben, Zusammenhänge aufzeigten, Einblicke geben in die aktuelle Forschung seines Unternehmens. Konkrete Beispiele also, damit wir, die Leser, erkennen: Okay, wir haben zwar eine Menge Probleme – aber eben auch Experten, die das in den Griff kriegen können. Dann, und auch erst dann, akzeptieren sowohl Leser als auch Journalisten auch mal eine gute, werbende Unternehmensbotschaft. Und dann, und auch erst dann, bietet ein Interview, noch dazu in einem großen Wirtschafts-Magazin, die Gelegenheit, Technikkompetenz zu zeigen und verspieltes Vertrauen zurückgewinnen.
Schließlich fragen die Journalisten nach „den drängendsten Problemen“ bei Daimler. Ola Källenius geht nicht ansatzweise darauf ein, feuert einfach einen weiteren Daimler-PR-Baustein ab: „Technik ist unsere DNA. Schon die Herren Daimler und Benz haben ja das System verändert. Das ist die Mentalität von Daimler. Die technologischen Herausforderungen werden wir lösen.“
Das werde ich morgen mal dem Feinstaub sagen, wenn er mir auf dem Weg zur Arbeit wieder die Lungen rasseln lässt.
Der BMTD ist unabhängig, überparteilich und ausschließlich der professionellen Kommunikation verpflichtet. Die Auswahl der Interviewpartner und ihrer Zitate sowie die entsprechenden Bewertungen erfolgen ausschließlich nach den BMTD-Empfehlungen für einen erfolgreichen Auftritt und sind deswegen kein Ausdruck einer politischen Richtung.
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