„Wir sind alle Astronauten!“


Warum Alexander Gerst nicht nur im Job ein Überflieger ist

Dr. Katrin Prüfig, 13.05.2019

Nur drei Meter sitzt er von mir entfernt, mein persönlicher Kommunikations-Superheld. Es ist abends, nach 20 Uhr, und die Sendung „Markus Lanz“ wird in Hamburg aufgezeichnet. Diese Ausgabe hat statt vier nur einen einzigen Gast: den Astronauten Alexander Gerst. Und ich sitze in der ersten Reihe. Neugierig auf einen Mann, der uns die Zerbrechlichkeit der Erde schon in unzähligen Interviews nahegebracht hat. Legendär: Seine Schaltgespräche als Kommandant der ISS bis Januar dieses Jahres - direkt in die Sendezentralen von ARD, RTL und Co. auf der Erde.

Das Gespräch beginnt mit den Unterhosen. Lanz will es genau wissen: Die Astronauten wechseln sie auf der ISS nur alle zwei Tage. Die getragenen Hosen werden nicht gewaschen, sondern mit Raumkapseln zur Erde geschickt. Nicht um gewaschen zu werden, sondern um beim Eintritt in die Erdatmosphäre zu verglühen. Über den Umgang mit Unterhosen plaudert Alexander Gerst genauso entspannt wie über die Forschung an Parkinson-Medikamenten, die er und sein Team im All durchführen. Für die Forschung gegen die Krankheit braucht es Eiweiß-Proteine, die auf der Erde unter dem Einfluss der Gravitation nicht wachsen.

75 Minuten dauert die Aufzeichnung. 75 Minuten, in denen er von der ersten Sekunde an nicht nur mich, sondern zugleich meine 13jährige Tochter in den Bann zieht. Mühelos, schwerelos, begeisternd.
Was macht er alles richtig?

  1. Gerst liebt seinen Beruf. Er ist Astronaut aus Leidenschaft, und das strahlt auf alle damit verbunden Themen aus. Seine Begeisterung ist spürbar und ansteckend.
  2. Im Gegensatz zu manch anderem Wissenschaftler kann er alles total verständlich erklären. Ionisierende Oberflächen, die riechen wie die Bremsen unserer Autos, Gravitation und Geschwindigkeit, die die ISS in der richtigen Umlaufbahn halten – ich habe in dieser Sendung tatsächlich alles verstanden.
  3. Der 43jährige produziert durch seine Leidenschaft und Verständlichkeit Schlagzeilen wie diese: „Wir sind alle Astronauten!“ Und meint damit die sieben Milliarden Menschen auf der Erde.
  4. Er mahnt zum schonenden Umgang mit dem Planeten Erde, aber braucht dafür nicht den erhobenen Zeigefinger. Seine Fotos aus dem All sind meist schon Mahnung genug.
  5. Vielleicht der wichtigste Punkt: Er hat Spaß an der Kommunikation. Er WILL vermitteln und veranschaulichen, was da oben auf der ISS passiert. Auch die alltäglichen Dinge, z.B. eben Unterhosen. Oder wie sie im Team zusammenarbeiten. Wie es sein kann, dass auf der ISS ein Löffel über Tage verschwindet, wo doch alles, was nicht fixiert ist, durch die „Räume“ schwebt. Die Geschichte mit dem Löffel ist auch deshalb so relevant, weil jeder Astronaut davon genau einen hat. Und Gerst hatte seinen „verloren“.

Alexander Gerst ist ein Glücksfall für die ESA und die Raumfahrt, vielleicht kann man sogar pathetisch sagen: für unseren Planeten.

Als Zuschauerin wie als Trainerin wünschte ich mir, mehr Unternehmen, Branchen, Institutionen und Organisationen hätten einen „Astro-Alex“. Einen, der Inhalte so wunderbar vermitteln kann, generationenübergreifend. Einen der für sein Thema brennt, aber die Dosis kennt, die Zuhörer bereit sind aufzunehmen. Der also sein Publikum mitnimmt, statt es zu überfordern.

So jemanden gibt es sicher. Nicht immer ist es der Chef. Nicht immer ist es der Pressesprecher oder Kommunikationschef. Aber es gibt, davon bin ich überzeugt, in vielen Unternehmen und Organisationen Kommunikationstalente. Sie zu finden, sie zu fördern, sie zu stärken für die Vermittlung der jeweiligen Inhalte – das lohnt sich ohne Zweifel. Halten Sie also ab sofort Ausschau nach Ihrem „Astro-Alex“ und bauen Sie ihn oder sie systematisch auf! Für mehr schwerelose, gelungene Kommunikation.

Der BMTD ist unabhängig, überparteilich und ausschließlich der professionellen Kommunikation verpflichtet. Die Auswahl der Interviewpartner und ihrer Zitate sowie die entsprechenden Bewertungen erfolgen ausschließlich nach den BMTD-Empfehlungen für einen erfolgreichen Auftritt und sind deswegen kein Ausdruck einer politischen Richtung.

Autorin

BMTD

Dr. Katrin Prüfig

Kontakt: www.die-medientrainer.de

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