Kommunikation auf Null-Niveau


Die CDU und ihr Umgang mit YouTuber Rezo

Martin Kerscher, 23.05.2019

Da hat sich ein 26jähriger YouTuber in einem 55minütigen Video zur „Zerstörung der CDU“ ausgelassen - und er hat dies mit Fakten und Statistiken belegt, und natürlich auch mit Meinung. Das Ergebnis: 5,2 Millionen Aufrufe innerhalb von 4 Tagen.

An dieser Stelle soll es nicht um die Inhalte des Videos im Detail gehen, sondern darum, wie eine große Volkspartei mit Kritik umgeht und welches Verständnis sie von Kommunikation hat.

Um es vorweg zu sagen: das Verständnis von Kommunikation, das die CDU an den Tag legt, stammt aus den Zeiten der „Verlautbarungspolitik“. Damals konnten die Parteien noch Pressemitteilungen herausschicken, die weitgehend nachgeflötet wurden. Aber die Zeiten haben sich nun mal geändert. Nicht nur die Presse ist kritischer geworden, auch die Wähler schauen genauer hin. Und die Wähler können zudem heute über die Social-Media-Kanäle eine bislang nicht gekannte Reichweite erzielen.

Und was macht die CDU? Wie reagiert sie auf die Argumente und Fakten, die Rezo nennt? Sie diskreditiert, diffamiert und isoliert, oder wie es in der Terminologie von Rezos Zielgruppe heißt, sie „basht“.

Partei-Chefin Kramp-Karrenbauer fragte sich beleidigt, „warum wir nicht eigentlich auch noch verantwortlich für die sieben Plagen sind, die es damals in Ägypten gab“ - lassen wir es an dieser Stelle umkommentiert, dass im Alten Testament von zehn Plagen die Rede ist. Und CDU-Generalsekretär Ziemiak bucht das Video ab unter „eine ganz persönliche Meinung eines Menschen“.

Diese „persönliche Meinung“ erhielt nicht nur 5,2 Millionen Aufrufe, sondern auch 580.000 mal den „Daumen hoch“ - und das steht für „mag ich“ oder „gefällt mir“. Wann man das mal in Wähler und Wählerstimmen umrechnet, dann ist es keine „persönliche Meinung“ mehr, sondern ein politisches Statement mit gewaltiger Sprengkraft (eine Woche vor den Europawahlen).

Die CDU hat eigentlich alle Regeln der Krisenkommunikation außer Acht gelassen. Sie schadet sich damit selbst und lässt eine Chance ungenutzt: Denn endlich schafft es ein Jugendlicher so spannend über politische Inhalte zu sprechen, dass sich sogar Millionen in seiner Peargroup dafür interessieren. In Berlin gelingt das keinem - keiner Pressestelle, keiner PR- und Medienagentur.

Was würde die CDU verlieren, wenn sie mit einem Gesprächsangebot reagieren würde? Einem Runden Tisch mit Jugendlichen vielleicht sogar? Oder einer Initiative mehr junge Menschen für eine Arbeit in den Parlamenten zu bewegen?

Es ist wenig tröstlich, dass die CDU da nicht alleine steht. FDP-Chef Lindner etwa hat sich mittlerweile einen Namen gemacht in Sachen „arroganter Umgang mit jungen Wählern“. Vor wenigen Wochen saß er in einer Talkshow und meinte zur Bewegung „Fridays for Future“ und zum Klimaschutz: „Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.“

Vielleicht kommen da Medientrainer und Kommunikatoren auch an ihre Grenze. Denn letztlich lässt sich nur das authentisch kommunizieren, was Ausdruck einer Haltung ist. Und so gesehen passt die Kommunikation der CDU vielleicht sogar sehr gut zu ihrem Umgang mit YouTuber Rezo.

Der BMTD ist unabhängig, überparteilich und ausschließlich der professionellen Kommunikation verpflichtet. Die Auswahl der Interviewpartner und ihrer Zitate sowie die entsprechenden Bewertungen erfolgen ausschließlich nach den BMTD-Empfehlungen für einen erfolgreichen Auftritt und sind deswegen kein Ausdruck einer politischen Richtung.

Autor

BMTD

Martin Kerscher

Kontakt: www.silver-mediaconsulting.com

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